Viele Schicksale bleiben ungelöst
Am Ende des 2. Weltkrieges gab es kaum eine Familie, die nicht nach Vater, Bruder, Sohn oder anderen Angehörigen suchte. Rund 20 Millionen Menschen in Deutschland waren zum Ende des Zweiten Weltkriegs entweder Suchende oder Gesuchte. Die Suche nach Verschollenen soll nun bis 2025 fortgesetzt werden, informiert der BRK-Kreisverband Haßberge.
LKR. HASSBERGE - Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland rief der damalige Bundespräsident Theodor Heuss im März 1950 alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Vermissten registrieren zu lassen. Daraufhin strömten die Menschen zu den Rathäusern und Amtsstuben, um dort auf vorbereiteten Karteikarten persönliche Angaben zu ihren Angehörigen zu machen. Die Bundesregierung übertrug die gesammelten Suchfälle zur Klärung dem Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Viele Familien leiden noch heute unter den Familiengeschichten, die ihre Angehörigen während des Krieges erlebt haben.
Trotz Millionen Deutscher, denen der Suchdienst des Roten Kreuzes nach dem Zweiten Weltkrieg Gewissheit gab, was aus verschollenen Familienangehörigen wurde, sind viele Tausende Schicksale noch unklar und werden vielleicht für immer unklar bleiben. Bis heute kommen deutschlandweit monatlich über Tausend Anfragen beim Roten Kreuz an.
„Die Suche nach Familienangehörigen geht weiter“, sagt Karina Hauck vom BRK-Kreisverband Haßberge, die als Suchdienstberaterin für die Region Unterfranken zuständig ist. „Die Suche nach Verschollenen des Zweiten Weltkrieges sollte eigentlich Ende 2023 auslaufen, aber aufgrund der nicht endenden Anfragen wurde dieser Termin auf Ende 2025 verschoben“, so Hauck. „Gerne können sich Personen, die ihre Angehörigen suchen, bei mir persönlich, telefonisch oder per E-Mail melden.“
Die zentrale Namenskartei mit zirka 50 Millionen digitalisierten Karteikarten gibt Auskunft über den Verbleib von über 20 Millionen Menschen, die in Deutschland durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen vermisst werden. Es besteht ständiger Austausch zwischen verschiedenen Akteuren und Archiven. Neu erschlossene Informationen aus den Archiven der Nachfolge-Staaten der ehemaligen UdSSR bringen häufig erst heute Gewissheit über das Schicksal der Angehörigen. „Deswegen ist es wichtig, erneut anzufragen, obwohl die Erstanfrage schon vor Jahren gestellt wurde“, so die Beraterin.
Um erfolgreich nach vermissten Personen sowie nach Unterlagen zu Kriegsgefangenen und Zivil-Internierten zu suchen, benötigt die Beraterin des Roten Kreuzes detaillierte Angaben zur gesuchten Person oder zu den Umständen des Kontaktverlustes. „Wir versuchen ein Nachforschungsformular so genau und detailliert wie möglich auszufüllen“, sagt Karina Hauck.
Das Ergebnis der Nachforschungen bekommen die Suchenden schriftlich mitgeteilt. Hauck: „Da es sich um ein sehr sensibles und emotionales Thema handelt, versuchen wir aber im Zuge unserer Nachforschungen zuerst telefonisch Kontakt aufzunehmen und parallel den Brief zu schicken. Es ist mir wichtig, bei solchen Familiengeschichten die Informationen so schonend wie möglich mitzuteilen und gegebenenfalls weiterhin als Ansprechpartnerin zu fungieren. Ich möchte die Leute in diesem Moment nicht allein mit ihrer Familiengeschichte lassen.“
Der Wunsch der Menschen, Gewissheit über die Schicksale ihrer vermissten Angehörigen zu erlangen, bleibt auch Jahrzehnte später begreiflich. Der DRK-Suchdienst widmet sich dieser humanitären Aufgabe intensiv und kann dank seiner umfangreichen Datenbestände in vielen Fällen weitere Auskünfte erteilen, spätestens bis Ende 2025! (MW)