Erste Hilfe – eigentlich kinderleicht
Mädchen und Jungen des Jugendrotkreuzes zeigen ihren Eltern, was sie alles gelernt haben KNETZGAU - Mia Markfelder aus Knetzgau ist seit knapp einem Monat beim Jugendrotkreuz Haßberge. Die Zwölfjährige hat von ihrer Freundin Annalena vom Angebot des Jugendrotkreuzes erfahren und spontan eine Schnupperstunde besucht. „Ist ganz cool“, fasst sie ihre bisherigen Eindrücke zusammen. Das bestätigt auch Annalena Krämer (12): „Es ist immer lustig und macht Spaß und man lernt etwas Neues kennen.“
An diesem sommerlichen Nachmittag wuseln die beiden Mädchen gemeinsam mit anderen Kindern und Jugendlichen auf dem Gelände der BRK-Bereitschaft in Knetzgau umher. Eingeladen sind alle Eltern der Kinder, die in einem Parcours zeigen, was sie schon alles rund um Erste Hilfe gelernt haben. Und was Kinder können, das können Erwachsene doch erst Recht, oder? Das zumindest sollen die Mamas und Papas an verschiedenen Stationen unter Beweis stellen – und merken dabei schnell, dass zwar aus dem ein oder anderen vor vielen Jahren absolvierten Erste-Hilfe-Kurs noch irgendwas hängen geblieben ist, aber so ganz genau wissen sie es dann doch nicht mehr.
Beispielsweise bei der Reanimation. Wie oft muss man da jetzt drücken und wie oft beatmen? Kinderleicht, zeigt eine junge Jugendrotkreuzlerin, kniet sich neben die Übungspuppe und beginnt, etwa in der Mitte des Brustkorbes 30-mal auf das Brustbein zu drücken, anschließend folgen in der Realität zwei Atemspenden als Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung. So kann es gelingen, den Kreislauf eines nicht mehr atmenden Patienten so lange aufrecht zu erhalten, bis der Rettungsdienst eintrifft und die Reanimation fortführt.
„Wir wollen den Eltern zeigen, was ihre Kinder bei uns im Jugendrotkreuz eigentlich so machen und was sie alles lernen“, bringt Elena Krämer, Leiterin des Jugendrotkreuzes im BRK-Kreisverband Haßberge, die Absicht des Familiennachmittags auf den Punkt.
Den Mamas und Papas steht mitunter die Freude darüber ins Gesicht geschrieben, wenn sie sehen, wie fit ihre Jüngsten in Erster Hilfe sind und wissen, was im Notfall zu tun ist. Neben dem Absetzen eines Notrufs unter 112 ist die Erste Hilfe ein ganz entscheidender Faktor, um mögliche gesundheitliche Folgen einer Erkrankung oder einer Verletzung zu lindern. Zum Beispiel bei einer spritzenden Blutung nach einem tiefen Schnitt in den Unterarm. Auch hier ist Erste Hilfe sprichwörtlich kinderleicht, man muss eben nur wissen, was man im Falle des Falles tun muss: den Arm hochhalten und einen Druckverband anlegen. Wie das geht, demonstrieren die Mädchen und Jungen an einer weiteren Station und fordern ihre Eltern eifrig auf, es nachzumachen.
Bei manchen Erwachsenen ist der letzte Erste-Hilfe-Kurs so alt wie der Führerschein. Da tut Auffrischung gut, noch dazu, wenn sie erfrischend und mit viel Spaß durch die eigenen Kinder demonstriert wird. „Wir wollen die Eltern ermuntern, vielleicht auch wieder mal einen Erste-Hilfe-Kurs beim Roten Kreuz zu besuchen“, sagt Elena Krämer. Denn bei Erster Hilfe ist es in etwa so wie beim Kochen: Wer einen leckeren Schweinsbraten zubereiten will, weiß ungefähr welche Zutaten er braucht; wenn man ihn aber erst ein- oder zweimal vor ein paar Jahren gekocht hat, braucht es fürs Gelingen gewiss einen Blick aufs Rezept. Bei der Ersten Hilfe ist es nicht viel anders: Vom Erste-Hilfe-Kurs von vor 15 Jahren ist noch das ein oder andere im Gedächtnis geblieben, um es aber richtig zu machen, wenn es drauf ankommt und damit einem Betroffenen wirkungsvoll helfen zu können, tut eine Auffrischung des Wissens gut.
Und so erfahren die Eltern der Kinder und Jugendlichen an diesem Nachmittag nicht nur, wie man einen bewusstlosen und nicht mehr atmenden Menschen reanimiert und dabei (sofern zur Hand) auch einen automatisierten externen Defibrillator einsetzen kann oder wie ein Druckverband richtig angelegt wird, sondern auch, wie man einen Bewusstlosen, der noch atmet, mit wenigen Handgriffen in die stabile Seitenlage bringt, wie man einen Fingerkuppen-Verband anlegt oder wie man mithilfe eines Dreiecktuchs einen gebrochenen Unterarm ruhigstellen kann.
Aktuell gibt es im Landkreis zwei Gruppen innerhalb des Jugendrotkreuzes, in Knetzgau und in Eltmann. Insgesamt sind hier rund 30 Kinder und Jugendliche aktiv. Bereits ab sechs Jahren kann man die Gruppenstunden besuchen. Die jüngste Teilnehmerin ist derzeit sieben Jahre alt, die älteste 18 Jahre, informiert Krämer. In Knetzgau wird die Jugendgruppe von Elena Krämer geleitet, in Eltmann von Julia Funck.
Nachdem seit Beginn der Corona-Pandemie die Gruppenstunden nicht mehr stattfinden konnten, startet das Jugendrotkreuz nach der Sommerpause im September wieder mit diesem Angebot. Eltern, die Interesse haben, ihr Kind beim Jugendrotkreuz anzumelden, sollten sich an den BRK-Kreisverband Haßberge in Haßfurt, Tel. 09521/9550-0, wenden. Dort gibt es alle notwendigen Informationen und Kontaktpersonen.
Die Erfahrungen aus den letzten Jahren zeigen laut Elena Krämer, dass die Kinder viel Spaß beim Jugendrotkreuz haben und so auch mit dem Rotkreuzgedanken vertraut werden. Wer sich nach dem Jugendrotkreuz weiter beim BRK engagieren will, kann in eine Bereitschaft vor Ort wechseln und hier ehrenamtlich tätig sein. Zu den Aufgaben der Bereitschaften gehören unter anderem sanitätsdienstliche Absicherungen bei Fest- und Sportveranstaltungen, die Mithilfe bei Blutspende-Terminen und das Engagement im Katastrophenschutz in verschiedenen Schnelleinsatzgruppen.
In diesem Herbst soll laut Elena Krämer nach jetzigem Stand auch wieder mit einer Rotkreuz-Grundausbildung begonnen werden, unter anderem mit einem Rotkreuz-Einführungsseminar, bei dem Interessierte alles Wichtige rund um das Rote Kreuz, die Idee dahinter und die Arbeit vor Ort erfahren. Zudem soll es speziell für Jugendliche das Angebot eines Kurses für „Notfalldarstellung“ geben; dabei lernt man beispielsweise, Teilnehmer für Einsatzübungen, Ausbildungen oder Wettbewerben mit real aussehenden Verletzungen zu schminken.
Kinder und Eltern hatten beim kürzlich stattgefundenen Familientag des Jugendrotkreuzes viel Spaß und es gab einige neue Einblicke. Dafür sorgte unter anderem auch die BRK-Bereitschaft Knetzgau, die ein Einsatzfahrzeug ausstellte. So durften die Mädchen und Jungen auch mal auf der fahrbaren Rettungstrage des Krankentransportwagens Platz nehmen und sich unter Anleitung von Rettungsassistent Franz Männling von ihren Eltern in den Behandlungsraum des Fahrzeugs manövrieren lassen. Die Verpflegung hatten an dem Nachmittag Mitglieder der Schnelleinsatzgruppe Verpflegung von der BRK-Bereitschaft Hofheim-Königsberg übernommen.
PM 062 / 2021. Text u. Fotos: Michael Will / BRK