Erste Hilfe für die Seele
„Einem Menschen zu helfen, mag nicht die ganze Welt verändern, aber es kann die Welt für diesen Menschen verändern.“ Unter diesem Leitsatz hat kürzlich ein Grundlehrgang „Psychosoziale Notfallversorgung“ beim BRK-Kreisverband Haßberge unter der Leitung des Ehepaars Kerstin und Dr. Sven Skaberna stattgefunden. Insgesamt 16 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes überwiegend aus Nordbayern haben daran teilgenommen.
HASSFURT - Neben der medizinischen Versorgung von Betroffenen steht zunehmend die ganzheitliche Versorgung und Betreuung im Fokus des Handelns beim BRK. „Dazu ist es notwendig, den Mitarbeitern das erforderliche Handwerkszeug an die Hand zu geben, um dieser schwierigen und anspruchsvollen Aufgabe gerecht werden zu können“, sagt Kerstin Skaberna, Leiterin des PSNV-Fachdienstes beim BRK-Kreisverband Haßberge.
Gerade die psychische Betreuung von Betroffenen ist kommunikativ, fachlich und emotional anspruchsvoll, wissen sie und ihr Mann Sven, die seit Jahren erfahrene PSNV-Fachkräfte sind und schon viele Dutzend Einsätze im häuslichen oder öffentlichen Umfeld erlebt haben. Ziel des Grundlehrgangs ist es, dass die Teilnehmer lernen, bis zum Eintreffen der PSNV-Facheinsatzkräfte im Zeitraum der ersten rund 30 Minuten qualifizierte psychische Ersthilfe zu leisten. Darüber hinaus sollen die Teilnehmer nach Abschluss des Lehrgangs in der Lage sein, eigene, durch diesen Einsatz bedingte, psychische Belastungen wahrzunehmen, um gegebenenfalls für sich selbst Hilfe in Anspruch nehmen zu können.
Der Grundlehrgang stellt eine Basis in der Ausbildung für die Psychosoziale Notfallversorgung dar. Auf ihn kann beispielsweise mit einem Fachlehrgang aufgebaut und eine weiterführende Ausbildung absolviert werden. Absolventen können dann nach entsprechender Einarbeitungszeit in der Betroffenen- und Einsatzkräftenachsorge eingesetzt werden.
Sie kümmern sich dann beispielsweise um Menschen, die im häuslichen Umfeld einen schweren medizinischen Notfall oder gar den Tod eines Angehörigen miterleben mussten oder deren Angehöriger bei einem Verkehrsunfall schwerste Verletzungen erlitten hat oder gar verstorben ist. Ebenso sind die Fachkräfte aber auch für Einsatzkräfte da, die im Rahmen ihrer haupt- oder ehrenamtlichen Tätigkeit extreme psychische Belastungen erlebt haben und die Hilfe der PSNV in Anspruch nehmen wollen.
Im Rahmen des Grundlehrgangs werden nach Worten von Kerstin Skaberna das Selbstverständnis und die Grundhaltung von PSNV innerhalb des Bayerischen Roten Kreuzes vermittelt, ebenso mögliche Reaktionen in akuten Krisensituationen, Grundlagen der Kommunikation und Elemente einer psychosozialen Betreuung. Inhalte sind außerdem psychiatrische Notfälle, Grundlagen der Psychotraumatologie, Kultur und Religion, Selbstschutz und Psychohygiene sowie der Ablauf einer strukturierten Betreuung von Betroffenen.
Die Teilnehmer bei diesem Grundlehrgang kamen aus den Kreisverbänden Haßberge, Main-Spessart, Schweinfurt, Hof, Aschaffenburg, Coburg und Regensburg des Bayerischen Roten Kreuzes und hier überwiegend aus dem Bereich der Bereitschaften und Rettungshundestaffeln. Der Lehrgang umfasste 16 Unterrichtseinheiten innerhalb von zwei Tagen. Die Ehrenamtlichen haben dafür ein ganzes Wochenende in ihrer Freizeit aufgewendet.
Pro Jahr, so informiert Dr. Sven Skaberna, finden in ganz Unterfranken ein bis zwei solcher Grundlehrgänge statt. Bei Bedarf könnten bei entsprechender Teilnehmerzahl aber auch zusätzliche Lehrgänge angeboten werden.
Wie gut es tut, in belastenden und außergewöhnlichen Situationen des Lebens in der ersten Phase eines Schicksalsschlages nicht völlig alleine dazustehen, hat beispielsweise Elke Rosner am eigenen Leib erlebt. Die Teilnehmerin aus dem BRK-Kreisverband Regensburg hat vor einigen Jahren ihren Ehemann aufgrund einer schweren Krankheit verloren. Ihr standen in der Akutphase dieses schweren Verlustes Einsatzkräfte der PSNV zur Seite. „Es tat gut, dass da jemand da war und ich nicht alleine sein musste“, sagt die Rotkreuzlerin heute im Rückblick. Für die ehrenamtlich Engagierte ist dies ein Grund dafür, sich selbst im Bereich PSNV ausbilden zu lassen. Sie möchte künftig anderen Mitmenschen in ähnlich schweren Stunden ihres Lebens beistehen.
Das PSNV-Team innerhalb des BRK-Kreisverbandes Haßberge umfasst aktuell drei ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zwei weitere befinden sich in Ausbildung.
Die PSNV des BRK arbeitet eng mit der allgemeinen Notfallseelsorge im Landkreis Haßberge zusammen, in der sich überwiegend Seelsorger und Bedienstete der katholischen und evangelischen Kirche engagieren. Insgesamt stehen damit im Landkreis aktuell zehn Einsatzkräfte von Notfallseelsorge und PSNV zur Verfügung.
Sie werden im Jahr im Durchschnitt zu mehr als 50 Einsätzen gerufen. Die Alarmierung erfolgt dabei in aller Regel durch die Integrierte Leitstelle (ILS) Schweinfurt, kann bei Bedarf aber auch direkt über das Rote Kreuz erfolgen. Für haupt- und ehrenamtliche BRK-Mitarbeitende gibt es zudem eine rund um die Uhr erreichbare Notfallnummer, unter der eine diensthabende PSNV-Fachkraft für eine akute Krisensituation im Rahmen der Betreuung von Einsatzkräften zu erreichen ist.
Wer sich für eine Ausbildung als Fachkraft für Psychosoziale Notfallversorgung beim BRK-Kreisverband interessiert, kann sich jederzeit bei der Servicestelle Ehrenamt unter Tel. 09521/9550-228 oder E-Mail: servicestelle(at)kvhassberge.brk.de wenden. Ebenfalls sind Kerstin und Dr. Sven Skaberna bei Bedarf auch direkt ansprechbar.
Autor: Michael Will