Bei Minustemperaturen mit dem Bus auf der Autobahn gestrandet
Ehrenamtliche Rotkreuzhelfer eilten an Neujahr ausländischen Reisenden zur Hilfe. Heißgetränke, Snacks und eine warme Unterkunft zur Verfügung gestellt.
Eltmann/Haßfurt - Das neue Jahr war noch keine 24 Stunden alt, da waren ehrenamtliche Einheiten des BRK-Kreisverbandes Haßberge bereits gefordert, um über 30 Kindern, Frauen und Männern zur Hilfe zu eilen. Die osteuropäischen Mitbürger waren mit einem Linienbus auf der Maintalautobahn gestrandet und mussten bei Temperaturen um die minus sechs Grad mit Heißgetränken und Snacks versorgt werden.
Knapp 22 Stunden lang war der Linienfernbus mit den Reisenden aus Serbien bereits unterwegs, als die beiden Busfahrer am Neujahrstag, gegen 15.15 Uhr, einen Defekt an dem Fahrzeug bemerkten. Kurz darauf blieb der Bus auf der Maintalautobahn A70 zwischen Bamberg und Schweinfurt, etwa 1,5 Kilometer vor der Ausfahrt Eltmann mit einem technischen Defekt auf dem Standstreifen liegen. An ein Weiterkommen war nicht mehr zu denken.
Über Notruf informierten die Busfahrer die Polizei. Vor Ort stellten die Beamten fest, dass der Bus zu einer Werkstatt abgeschleppt werden muss und die Reisenden irgendwo untergebracht werden müssen. Deshalb wandte sich die Polizeieinsatzzentrale mit einem Hilfeersuchen an die Integrierte Leitstelle (ILS) Schweinfurt und forderte Betreuungseinheiten für die Reisenden an. Von der ILS wurde daraufhin um 15.51 Uhr der Einsatzleiter Rettungsdienst des BRK-Kreisverbandes Haßberge alarmiert. Daniel Schirmer aus Haßfurt, der am Neujahrstag diesen ehrenamtlichen Dienst übernommen hatte, war kurz darauf an der Einsatzstelle auf der Maintalautobahn und übernahm die Koordination.
Unterdessen war über die Polizei ein Abschleppfahrzeug des ADAC angefordert worden, um den Havaristen von der Autobahn zunächst auf einen nahe gelegenen Parkplatz eines Lebensmitteldiscounters in Ebelsbach zu schleppen. Vor Ort hatten die Einsatzkräfte entschieden, die Autobahn nicht zu sperren und die Reisenden mitsamt Bus auf sicheres Terrain zu bringen, um sie gefahrlos aussteigen zu lassen. Auf dem Parkplatz traf der Bus schließlich um 17.15 Uhr ein und die Insassen konnten nach und nach in insgesamt zehn Fahrzeuge der BRK-Betreuungseinheiten und vier BRK-Kleinbusse umsteigen. Dabei kam auch die im vergangenen Jahr neu angeschaffte Mobile Sanitätswache des Roten Kreuzes zum Einsatz.
Während Daniel Schirmer auf der Autobahn und dem Parkplatz den Einsatz leitete, organisierte Abschnittsleiter Wolfgang Zweverink zeitgleich in Haßfurt im Gebäude des BRK-Kreisverbandes in der Industriestraße Unterbringungs- und Verpflegungsmöglichkeiten für die insgesamt 31 Fahrgäste (darunter ein fünf Jahre altes Kind und ein gehbehinderter Senior) und die beiden Busfahrer.
Bereits um 17.50 Uhr trafen die ersten Reisenden mit ihrem Gepäck in Haßfurt ein und wurden von ehrenamtlichen Rotkreuzhelfern in Empfang genommen. Im großen Lehrsaal wurden Tische und Stühle aufgebaut. Dort konnten sich die Businsassen aufwärmen und bekamen Heißgetränke und Snacks zur Stärkung serviert. Dabei spielte auch die Sprachbarriere keine Rolle. Zwei Mitreisende sprachen Deutsch und konnten so als Übersetzer behilflich sein.
Das ausländische Busunternehmen hatte zwischenzeitlich einen Ersatzbus organisiert und zum BRK-Kreisverband geschickt. Der traf gegen 20:00 Uhr in Haßfurt ein, so dass die Serben ihre Reise nach Hamburg fortsetzen konnten. Viele von ihnen waren über Weihnachten in ihre ehemalige Heimat zurückgefahren, um ihre Familien zu besuchen, und waren an Silvester mit dem Fernreisebus wieder in Richtung Hamburg gestartet.
Für einen Busfahrer wurde in Haßfurt vom BRK ein Übernachtungsquartier organisiert. Er blieb zunächst vor Ort, um sich in den nächsten Tagen um den defekten Reisebus zu kümmern. Des Weiteren bot das BRK eine Unterstellmöglichkeit für einen mitgeführten Anhänger an, da der Ersatzbus über keine Anhängerkupplung verfügte.
Von der schnellen und unkomplizierten Hilfe des Roten Kreuzes nach der Fahrzeugpanne waren die Reisenden angetan. „Rotes Kreuz viel gut“, drückte ein junger Mann seine Dankbarkeit in gebrochenem Deutsch aus. Für die ehrenamtlichen Helferrinnen und Helfer des BRK, die am Neujahrstag zur Hilfe geeilt waren, gab es am Ende spontan Applaus von der Reisegruppe.
Nach Worten von Abschnittsleiter Wolfgang Zweverink waren für diesen Hilfseinsatz die Schnelleinsatzgruppe (SEG) Behandlung aus Haßfurt und Untermerzbach sowie die SEG Verpflegung aus Hofheim mit insgesamt 17 ehrenamtliche Helferinnen und Helfern alarmiert worden. Zudem der BRK-Einsatzleiter und ein Abschnittsleiter. Gegen 20.30 Uhr konnten die Helfer ihren Einsatz beenden.
„Wenn der Piepser geht, ist es für uns selbstverständlich, alles stehen und liegen zu lassen - auch an einem Feiertag oder in der Nacht“, sagt Ingrid Böllner, die sich in der SEG Betreuung engagiert. „Ich wollte gerade mit meiner Mutter und der Familie meines Bruders zu Abend essen, als der Alarm kam. Es gibt dann keine Frage: ins Auto und los.“ Böllners Familie kennt das und weiß, wie wichtig ihr das Ehrenamt ist. Die Familie wisse auch: Es werde alles zur Nebensache, denn irgendwo seien bei einem Alarm Menschen, die Hilfe brauchen. „Egal ob Feiertag, in der Nacht oder am Tag - man lässt alles stehen und geht in den Einsatz“, schildert Ingrid Böllner ihr Engagement wie eine Selbstverständlichkeit.
Die Reisenden seien aufgrund der Außentemperaturen froh gewesen über einen heißen Kaffee oder Tee oder einfach nur einen warmen Raum. Böllner: „Die Dankbarkeit dieser Menschen ist der Lohn für unser Ehrenamt. Damit setzen wir ein Zeichen als ,Deutsches Rotes Team‘ und aus Liebe zum Menschen.“
Auch für Stefan Mutter von der SEG Betreuung ist es selbstverständlich, dass man in solchen Situationen Mitmenschen gerne hilft. „Mit so einem Team machen selbst die schwierigsten Einsätze einfach Spaß und werden noch dazu professionell abgearbeitet“, lobt er seine Kollegen. Es könne sich jeder auf den anderen verlassen und alles laufe wie am Schnürchen. Als der Alarm ausgelöst wurde, war Stefan Mutter gerade auf dem Weg zum Neujahrsempfang auf den Haßfurter Marktplatz, wo er sich mit Freunden treffen wollte.
„Ich bin von der Arbeit gekommen, als der Funkmelder ging“, sagt Christina Ulbrich, Mitglied der SEG Verpflegung. Schnell noch einen Schluck Kaffee, umziehen und ab ging’s zum Einsatz. „Für mich ist es selbstverständlich, anderen zu helfen und zu unterstützen wo es nur geht“, beschreibt die junge Frau ihre Motivation fürs Ehrenamt. „Jeder kann einmal unverschuldet in so eine Lage kommen.“ Im Team stehen wir bereit, um zu helfen, den Menschen ein gutes Gefühl zu geben und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie sich wohl fühlen.“ Christina Ulbrich freut sich, bei Einsätzen mit Kollegen anderer Bereitschaften zusammenarbeiten zu können. Man lerne selbst immer dazu.
„Als ich alarmiert wurde, setzte bei mir der bekannte Ablauf ein: alles stehen und liegen lassen was ich gerade mache, das Wichtigste zusammenpacken für den Einsatz und umgehend zum Kreisverband fahren, wo wir uns als Einsatzkräfte bei jedem Einsatzalarm treffen“, beschreibt Nikolai Menna von der SEG Behandlung den Ablauf. Für ihn als ehrenamtlichen Rotkreuz-Helfer sei klar, bei einem Alarm „alles stehen und liegen zu lassen, um anderen zu helfen“. Menna hat am Neujahrstag das Abendessen mit seiner Familie verlassen, um anderen, in Not geratenen Menschen zu helfen. „Weil es mir Spaß macht und es für mich selbstverständlich ist.“
Text: Michael Will / BRK